Abschied in Würde

Sie sind geduldige Zuhörer, empathische Tröster und halten uns auf Trab, auch wenn uns eher nicht danach ist – viele Menschen können sich ein Leben ohne Haustiere nicht vorstellen. Größe und Tierart – gute Pflege vorausgesetzt – entscheidet darüber, wie lange sie ihren festen Platz in unserer Familie einnehmen, ehe sie nach Krankheit, aus Altersgründen oder durch einen Unfall von uns gehen und uns traurig zurücklassen. „Ist doch nur ein Tier. Stell Dich nicht so an!“, mögen nicht-tieraffine Mitmenschen wenig feinfühlig tönen, während für den Tierfreund eine Welt zusammenbrechen kann.
Arno Ludwig aus Gemünden am Main im Landkreis Main-Spessart ist vertraut mit dem Abschiednehmen. „In 25 Jahren habe ich 16 Haustiere beerdigt“, erzählt der fast 60jährige, große Mann berührend. Viele Menschen beschäftigten sich zu Lebzeiten eines geliebten Tieres nicht gerne mit dessen Ende, blendeten den Tod gerne einfach aus. Das wollte er nie, schon allein wegen seiner damals noch kleinen Tochter Mona nicht. Er wollte, dass sie Abschiednehmen und ihren kleinen Freunden einen letzten Dienst erweisen konnte. Dafür suchte er Kartons in Schuhgröße oder größer, die dann von ihr bemalt und schön ausgepolstert als letzte Ruhestätte dienten. Mit einem kleinen Ritual im über 3000 Quadratmeter großen Garten fanden die Freunde unter Erde und Steinen dann ihren Erinnerungsort. „Mona hat das sehr gut getan“, erinnert sich der Grafiker. „Sie hat die toten Tiere sogar noch gestreichelt, sie ein letztes Mal zugedeckt und dann dankbar für die gemeinsame Zeit mit einem kleinen Gebet gehen lassen“, erinnert sich der Vater und meint, eigentlich habe sie ihm und seiner Frau damit gezeigt, wie Abschied nehmen geht, dass es zu einem Leben dazugehört.
Nach eigenen Belieben gestaltbare Tiersärge
Die heilsame Wirkung der Beerdigung vor Augen meldete sich die kreative Ader des Grafikers und Zeichners bereits vor über zehn Jahren mit der Frage: Warum nicht einen tiergerechten, komplett abbaubaren und in einem letzten Liebesdienst selbst gestaltbaren Tiersarg entwickeln, um das Abschiednehmen noch würdiger zu machen? Erste Zeichnungen von Meerschweinchen und Katzensilhouetten entstanden, die bald mit Ton nachgearbeitet die Überlegungen in die dritte Dimension beförderten. „Es war gar nicht so einfach, eine Form zu entwickeln, nach der später eine Stanzform hergestellt werden konnte, von der sich die reine Papiermasse leicht ablösen ließ, um dann getrocknet die tierische Form erkennbar zu machen, so der Tüftler. Da die Produktion allein durch die Herstellung der beiden Stanzformen für einen kleinen für Tier bis rund drei Kilo und einen etwas größerem Sarg für Tier bis etwa acht Kilo recht kostspielig war, legte Arno Ludwig das Projekt zunächst auf Eis.
Jahre später traf er dann auf Christian Wittmann aus den Haßbergen, der alternativen Ideen und Lebensformen offen steht. Man kam ins Gespräch. Wittmann erinnerte sich an das Gefühl, als er seinen kleinen Hund in seiner Tragetasche eingewickelt, beisetzte. Das fand er eher schäbig. Die Idee der kleinen, nachhaltigen Tiersärge von Arno Ludwig begeisterte in vom Fleck weg, erinnert er sich. Und nach der Devise, Eisen sollte man schmieden, solange sie heiß sind, gründeten die beiden gemeinsam eine Firma zum Vertrieb der Tiersärge. Ein Produzent wurde gefunden und im letzten Jahr wurden die ersten Tiersärge unter der Marke „Tutapets“ gefertigt. Parallel dazu entstand ein kleines Büchlein, das jedem Sarg als Trauerhilfe tröstend beiliegt.
Anfang des Jahres startete dann der Verkauf. Online, weil es schwer war, selbst die Zoofachgeschäfte davon zu überzeugen, den Tod nicht auszublenden. Das mache den Verkauf derzeit etwa zäh, geben die beiden Geschäftsleute unumwunden zu. Dabei könne man die Tiersärge, die gar nicht wie solche daherkommen, bereits zu Lebzeiten des Tieres kaufen und sie prima als Aufbewahrungsbox für Leckerli, Tierbürste, Spielzeug & Co. verwenden. Im Fall der Fälle müsse man sich dann nicht lange auf die Suche nach einem geeigneten Gefäß machen, sondern könne den kleinen Freund gleich würdig bestatten. Das hätte er mehr als verdient.
Alle Infos zu den Tiersärgen unter www.tutapets.de.
Text: Petra Jendryssek, Fotos: Vera Ludwig