Dem blauen Wunder auf der Spur

Denkt man an Lavendel, werden Erinnerungen wach: Man hört Bienen summen, sieht Insekten um zarte Blüten flattern, riecht den intensiven Duft des violett blühenden Strauches und fühlt die Leichtigkeit des Urlaubs im Süden oder denkt auch an das Duftsäckchen in Großmutters Schrank zur Mottenabwehr. Wegen seiner vielfältigen, Jahrhunderte alten Nutzung als pflanzliches Arzneimittel zur Beruhigung und Entspannung, aber auch aufgrund neuer Forschungsergebnisse wurde der bekannte Lippenblütler, der Echte Lavendel (Lavandula angustifolia), vom interdisziplinären Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde zur Arzneipflanze des Jahres 2020 gewählt.
Beruhigender Badezusatz
Der Name des Lavendels bedeutet „waschen“ und geht auf das lateinische Verb „lavare“ zurück. Als Zusatz für Bäder wurde er bereits in der Antike verwendet. Im Mittelalter empfahl ihn Hildegard von Bingen zur äußeren Anwendung und als Mittel gegen Ungeziefer. Mitte des 12. Jahrhunderts pflanze man den Lavendel dann als Gartenpflanze in England an. Ab dem späten 19. Jahrhundert gilt Lavendel als Mittel bei nervösen Zuständen und Schlaflosigkeit. Allerdings wurde erst vor wenigen Jahren, nämlich nach der Jahrtausendwende, die Wirkung des Lavendels in hochdosierten Lavendelölkapseln in einem Forschungsprojekt wissenschaftlich erforscht und bestätigt.
Angenehmer Duft
Verwendet werden die Blüten. Ihr angenehmer Duft stammt von einem ätherischen Öl, das in den Öldrüsen auf der Oberfläche der Blüten gespeichert ist. Zerreibt man die Blüten, zerstört man diese Öldrüsen und das ätherische Öl wird freigesetzt.
Setzt man Lavendel therapeutisch ein, ist die Qualität der Pflanze, beziehungsweise deren Zubereitungsform als Lavendelöl, entscheidend. Festgelegt ist dies im Europäischen Arzneibuch. Damit wird auch klar, dass nicht jeder beliebige Lavendel, über den man sich im Garten erfreut, auch die Wirkung hat, die man sich von ihm erwartet.
Angewendet wird das ätherische Öl der Lavendelblüten als Kapseln oder in der Aromatherapie. Die beruhigende, Stress mindernde, Angst lösende und entspannende Wirkung steht hier im Vordergrund. Auch die äußerliche Anwendung von therapeutisch dosierten Körperölen ist möglich.
Raffinierte Würze
Aber auch in der Küche kann man den Lavendel in zahlreichen Gerichten verwenden. Jeder kennt die „Kräuter der Provence“, eine Mischung aus mediterranen Kräutern und Lavendel. In Frankreich, England, Spanien und Italien aromatisiert man gekonnt und einfallsreich sowohl süße als auch salzige Speisen mit den duftenden Blüten. Wohl dosiert würzen sie raffiniert Pudding, Marmelade, Eiscreme, Fruchtsalat, Gebäck, Hammel- und Lammbraten, Wild, Fisch, Salatmarinaden oder Kräuterbutter.
Ganz einfach ist auch ein entspannendes Bad zubereitet. Dazu stellt man einen Sud aus etwa 10 bis 100g Blüten auf einen Liter kochendes Wasser her. Nachdem die Blüten etwa zehn Minuten abgedeckt gezogen haben, wird er durch ein Sieb gegeben und dem Badewasser zugesetzt. Augen schließen und genießen…
Text: Renate Drach, Foto: www.pixabay.com/Manfred Richter